Das Herzstück der "Stadtklause"
Ismet Rekaliu steht in der kleinen Küche der "Stadtklause" und bereitet Schnitzel und Bouletten vor, während sein Neffe Drilon am Herd die Bratkartoffeln brät. Sein Bruder Lumni holt einen vorbereiteten XXL - Schnittchenteller. Seit Jahren brummt der Laden, besonders am späten Nachmittag, wenn sich Anwohner:innen, Tourist - innen und Mitarbeitende des "Tagesspiegels" hier versammeln. Die Menükarte stammt noch aus der Zeit, als der mittlerweile verstorbene Geschäftsführer Franz - Josef Göbel die Kneipe eröffnete. "Wir sind zwar aus dem Kosovo, aber wir versuchen hier die deutsche Küche zu retten", sagt Ismet Rekaliu.
Der Kampf um den Erhalt
Der Mietvertrag der "Stadtklause" lief bis September 2023, doch die Brüder Rekaliu weigerten sich, den Schlüssel abzugeben. Es folgte eine Räumungsklage, und Gas und Strom wurden kurzzeitig abgestellt. Nach einer Gerichtsverhandlung im Januar einigte man sich auf eine Gnadenfrist bis Ende Mai. Der letzte Ausschank fand am 17. Mai statt. Auch die anderen Mieter - innen im Haus mussten ausziehen, darunter mehrere Familien und ein Jugendclub.
Die Suche nach einem neuen Standort
Seit Monaten suchen Ismet und Lumni nach einem neuen Lokal, doch die Mieten sind zu hoch. Ein möglicher Standort auf der anderen Seite des Askanischen Platzes war zu teuer. "Es hätte prima gepasst, aber die Miete ist viel zu teuer und die Ablösesumme auch. Das können wir uns nicht leisten", erklärt Ismet. Die Brüder wünschen sich für die neue "Stadtklause" einen Ort mit Charakter, der nicht zu weit vom jetzigen Standort entfernt ist, damit die Stammkundschaft weiterhin kommen kann.
Die Unterstützung der Gemeinde
Die grüne Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann kennt die "Stadtklause" seit vielen Jahren und solidarisiert sich mit den Wirten. "Der Ort hier ist für mich schon besonders. Hier kommt die Nachbarschaft zusammen. Auch die mit wenig Geld können hier einen schönen Abend haben", sagt sie. Trotz des abgelaufenen Mietvertrages stellte sie sich auf die Seite der Wirte. Eine Kontaktaufnahme mit der Eigentümerfamilie blieb jedoch erfolglos.
Die Herausforderungen der Gentrifizierung
Dass es schwer ist, einen neuen Raum in Friedrichshain - Kreuzberg zu finden, erstaunt Herrmann nicht. "Die Kommerzialisierung und die explodierenden Gewerbemieten sind ein Problem. Wir brauchen dringend Instrumente, um dieser Gentrifizierung und Touristifizierung entgegenwirken zu können." Eine vom Land Berlin eingebrachte Bundesratsinitiative zur Einführung einer Gewerbemietpreisbremse im Jahr 2019 wurde nicht weiterverfolgt.
Die Reaktionen der Stammgäste
Mit einer Unterschriften - Aktion versuchte Stammgästin Steffi Hahn die Kneipe zu retten. "Save the Stadtklause" steht neben einem Regenbogenherz auf den Stickern, die sie entworfen hat, um auf die Onlinepetition aufmerksam zu machen. "Wir haben rund 3.500 Unterschriften gesammelt. Leider erfolglos." Steffi und ihr Partner Micha unterstützen das Kneipen - Team weiterhin. Auch die Dreiergruppe Heliane, Jens und Bernd trauert um die Schließung. "Das ist ja hier wie ein Museum quasi. Dass so ein historischer Ort einfach platt gemacht werden darf, ist schade", sagt Jens.
Die Zukunft der Berliner Kneipenlandschaft
Thomas Lengfelder, Geschäftsführer des Deutschen Hotel - und Gaststättenverbands (Dehoga) Berlin, sieht dennoch keinen generellen Trend zum Kneipensterben. "Inhabergeführte Kneipen erleben eher eine Renaissance. Das Publikum verjüngt sich, der Frauenanteil steigt. Ich kenne viele Kneipen in der Stadt, die sehr gut besucht sind." Dennoch sind auch diese Betriebe von steigenden Index - Mieten betroffen.
Ismet Rekaliu zieht nach einem langen Arbeitstag seine schwarze Schürze aus. Erschöpft ist er nicht nur von der Arbeit, sondern auch vom Kampf um die Kneipe. In den kommenden Tagen werden die Tische, Bänke und Fotos der "Stadtklause" eingelagert. Die Suche nach einem neuen Ort geht weiter, doch zunächst braucht das Team eine Pause. Die Schließung der "Stadtklause" markiert das Ende einer Ära und wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, denen kleine Betriebe in Berlin gegenüberstehen.
Quelle: RBB24