Montag, 16 Juni 2025 15:16

Chaos in Berliner Freibädern

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 Personalengpässe belasten die Badesaison 2025 Personalengpässe belasten die Badesaison 2025 Foto: pixabay

Brütende Temperaturen, überfüllte Becken und eskalierende Szenen – das vergangene Wochenende hat die Grenzen der Berliner Freibäder deutlich gemacht. Über 90.000 Menschen strömten am Sonnabend und Sonntag in die Anlagen der Hauptstadt. Das ist mehr als doppelt so viel wie an allen Tagen seit Saisonstart Anfang Mai zusammen. Die Konsequenzen waren spürbar: Schließungen, Polizeieinsätze und zahlreiche Vorfälle, die den regulären Badebetrieb unmöglich machten.

Inhaltsverzeichnis:

Sommerbad Wilmersdorf erreicht Kapazitätsgrenze

Das Sommerbad Wilmersdorf musste am Sonnabend schließen, weil die maximale Besucherzahl überschritten war. Etwa 300 Menschen standen noch vor dem Eingang, als die Tore verriegelt wurden. Eine aggressive Fünfergruppe verschaffte sich gewaltsam Zutritt und bedrohte das Sicherheitspersonal. Eine Hundertschaft der Polizei musste anrücken und durchkämmte das Gelände. Eine Person wurde festgenommen.

Die Situation war der erste ernste Zwischenfall der Badesaison 2025. Die Sicherheitsdienste geraten bei solchen Besucherzahlen schnell an ihre Grenzen. Besonders bei hohen Temperaturen kommt es zu erhöhter Aggressivität, häufig durch bekannte Jugendgruppen, aber auch Erwachsene geraten in Konflikte. Unfälle durch leichtsinniges Verhalten häufen sich. Gleichzeitig fehlt es an ausreichender Überwachung und Kontrolle.

Zu wenig Personal für extreme Wetterlagen

An heißen Tagen wie diesem Wochenende wären doppelt so viele Sicherheitskräfte und Rettungsschwimmer notwendig. Doch die Dienstpläne der Berliner Bäderbetriebe sind unflexibel. Die Arbeitsverteilung bleibt konstant – egal, ob 5.000 oder 50.000 Menschen ins Bad strömen. Verträge mit Sicherheitsfirmen sind langfristig und ohne Wettereinfluss festgelegt. Die Folge: Engpässe, Chaos, Überforderung.

Wenn die Temperaturen wieder sinken, wirkt sich die Planung ins Gegenteil aus. Dann sind viele Bäder fast leer, aber das Personal bleibt im vollen Umfang vor Ort. So saßen zu Wochenbeginn wieder Dutzende Mitarbeiter an nahezu leeren Becken – ein strukturelles Problem. Die Arbeit verkommt zu einer Art Wartezeit. Es fehlt an Flexibilität, nicht an Arbeitskraft.

Kaltes Wasser schreckt Badegäste ab

Seit der Berliner Senat den Heizkostenzuschuss gestrichen hat, werden viele Becken nicht mehr beheizt. Die Entscheidung fiel kurz vor Saisonbeginn, sodass die Dienstpläne nicht mehr angepasst werden konnten. Die Folge: Wassertemperaturen um die 20 Grad. Für Schwimmer eine Zumutung – selbst für Sportler.

Ein internationaler Standard für Wettkämpfe liegt bei 26 Grad. Davon ist Berlin weit entfernt. Die Resonanz zeigt das deutlich: Bis Ende Mai wurden nur 43.541 Gäste in allen Sommerbädern gezählt – weniger als die Hälfte des Vorjahreszeitraums. Allein am letzten Wochenende war die Besucherzahl doppelt so hoch. Das bedeutet: Ohne Sonne kommt kaum jemand.

Fehlplanung mit Ansage

Die Bäderbetriebe hätten das Wetter im Mai analysieren können und entsprechende Maßnahmen treffen müssen. Doch die Struktur der Landesbehörde lässt keine kurzfristigen Anpassungen zu. Öffnungszeiten bleiben fix, Dienstpläne auch. Bei privaten Betreibern wären kurzfristige Maßnahmen wie flexible Arbeitsmodelle oder mobile Heizsysteme denkbar gewesen.

Die Konsequenzen sind bereits sichtbar:

  • Finanzielle Defizite steigen
  • Personal wird ineffizient eingesetzt
  • Unzufriedenheit bei Gästen und Beschäftigten wächst
  • Druck zur Privatisierung nimmt zu

Der starre Verwaltungsapparat verhindert effektive Reaktionen auf Wetterlagen und Besucherschwankungen. Dabei wäre eine flexible Personalplanung nicht nur effizienter, sondern auch wirtschaftlicher. Viele Mitarbeitende sehen sich an leeren Tagen zur Untätigkeit gezwungen. Arbeiten am Becken ohne Gäste und ohne Aufgabe frustriert – und kostet.

Wenn sich das System nicht bald modernisiert, steht das gesamte Angebot zur Debatte. Die Nachfrage ist vorhanden, das Angebot jedoch oft unpassend. So wird der Besuch im Freibad für viele zum Ärgernis statt zur Erholung.

Quelle: Berliner Zeitung, www.milekcorp.com/de/